Aleppo-Olivenölseife - oder: wie ein Klotz zu einem Lieblingsprodukt wurde

Da hat der Freund neulich vom Einkaufen diesen Klotz mitgebracht. Weil er "lustig" und ungewöhnlich aussah. Und hat sich gefreut, wie ich mich vorsichtig genähert hab und dran geschnuppert habe, sah nämlich wie ein alter harter Käse aus, und der Geruch, ähm naja, ungewöhnlich. Jedenfalls nicht das, was man von Seife erwartet.  Wir brauchten nämlich ´ne neue Seife. Zum Hände waschen. Für´s Gesicht darf man ja keine Seife verwenden. Hat man ja so gelernt, oder?

Auf jeden Fall hat dieses Ding, was laut Stempel Aleppo-Seife heißt,  meine Neugierde geweckt und ich hab mal recherchiert, wozu hat man denn Google. Und das war so interessant, dass ich es mit euch teilen möchte. 

 

Die Seife wird seit Jahrhunderten in Syrien, und zwar vorwiegend in Aleppo, der zweitgrößten Stadt Syriens, hergestellt. Seifensiedereien in Aleppo werden oftmals in Familientradition geführt, die Inhaltsstoffe und Produktionsprozesse haben sich seit dem 8. Jhd. wenig oder nicht geändert. Bis März 2011 gab es in Aleppo über hundert Seifensiedereien, mittlerweile sind es nur noch wenige, die dem Bürgerkrieg trotzen.

 

Bei der Herstellung wird reines Olivenöl in großen Kesseln zusammen mit Wasser und Sodaasche erhitzt und bis zu 3 Tage gesiedet/verseift, zum Schluß wird das Lorbeeröl hinzugefügt. Die hellgrüne dickflüssige Seifenmasse wird in großen Becken verteilt und sobald sie fest geworden ist, wird sie in Handarbeit in Stücke geschnitten und von Hand mit Siegelabdruck versehen. Dann muss sie noch reifen und wird dazu für mehrere Monate (zum Teil bis zu 2 Jahre) zur Trocknung gelagert. Die Seifen verlieren in dieser Zeit ca. ein Drittel ihres Gewichtes, werden hart und bekommen den typisch ockergelben Farbton, das Innere bleibt aber olivgrün.

Der Anteil an Lorbeeröl beträgt 15%, 25% oder 40%, je höher der Lorbeerölanteil desto teurer, und es gibt auch Aleppo-Seifen, denen Tonerde oder ätherischen Ölen zugefügt werden. 

 

Die Seife ist 100% pflanzlich, ohne Konservierungsstoffe und zusätzliche Tenside, Schaumstabilisatoren, Glyzerin und ohne künstliche Duft- und Farbstoffe, sie ist folglich vegan und ohne Tierversuche hergestellt. 

Das Olivenöl reinigt besonders sanft und pflegt die Haut nachhaltig, wirkt rückfettend und unterstützt die selbstregulierende Funktion der Haut, das Lorbeeröl wirkt antiseptisch, stimulierend und kräftigend auf die Haut. Sie ist für alle Hauttypen geeignet, und für Menschen mit problematischer Haut, die sensibel auf viele Reinigungsprodukte reagieren, kann dies eine gute Alternative sein.

 

Außer den naheliegenden Anwendungen (Händewaschen, Gesichtsreinigung, Duschen) ist sie (mit Wasser schön cremig aufgeschäumt) eine tolle Rasierseife, sie eignet sich angeblich auch zur Haarpflege (das wage ich allerdings noch nicht, da das Haar wohl eine Weile zum Umstellen braucht und erstmal struppig oder strähnig reagieren kann, öhm nööö...), aber es gibt dafür auch eine spezielle Aleppo-Haarseife. Man kann damit auch Zähne putzen, wenn man auf den Geschmack steht. Weiterhin eignet sie sich zur Entfernung hartnäckiger Flecken und hilft - in den Kleiderschrank gelegt - gegen Motten. Reibt man Mückenstiche mit der trockenen Seife ein, hat das Lorbeeröl eine beruhigende und reizlindernde Wirkung, und da Lorbeeröl auch krampflösend ist, soll sie sogar gegen Krämpfe in den Beinen wirken, wenn man sie am Fußende unter das Betttuch legt.

Wow. Ein sehr praktisches Utensil für den Urlaub, man spart eine Menge Zeug zum Mitschleppen. Und eine Menge Plasikmüll, denn im Gegensatz zu den ganzen Duschgel- und Shampooflaschen und Rasierschaumspendern, die man so verbraucht, kommt die Seife mit einer Papierbanderole als Verpackung aus. Und nochwas: sie ist zu 100% biologisch abbaubar, ist also super für Globetrotter, Wanderer und Camper, wenn Körperpflege mal in der Natur stattfindet.

 

Die Seife schäumt relativ wenig, der große Klotz ist etwas unhandlich (man kann aber auch kleinere Stücke schneiden), die Haut fühlt sich gereinigt und erfrischt an und leicht "quietschig" (weil nämlich nicht wie bei vielen Reinigungsprodukten, die Erdöl enthalten, ein Film auf der Haut zurück bleibt, der den Eindruck von weicher Haut vermittelt), einzig der Geruch ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, leicht holzig-ledrig, aber inzwischen mag ich ihn sogar total gern.

 

Tja, und so hat sich der unansehnliche merkwürdige Klotz in nur wenigen Tagen zu einem tollen Beautyprodukt gemausert und macht einfach ein gutes Gefühl.

 

Falls ihr jetzt neugierig seid und die Seife auch mal ausprobieren möchtet, fragt doch mal in eurem Drogeriemarkt oder Bioladen oder schaut im Internet. Man kann die Seife z.B. bei Zhenobya bestellen, und da gibt es auch viele weitere Infos und Bilder.

 

Einen schönen Montag und bleibt sauber,

Dagmar

Olea europaea - Zweig vom Olivenbaum, mit Buntstift gezeichnet - by develloppa
Olea europaea - Zweig vom Olivenbaum, mit Buntstift gezeichnet - by develloppa

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